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Eine literarische Suche nach dem Paradies

Evangelisches Dekanat Mainz / Heiko BeckertDer Schauspieler Henner Momann forschte in ganz verschiedenen Texten nach dem Paradies.

Menschen tragen in sich eine Sehnsucht nach paradiesischen Zuständen. Das betonte Isa Mann, Leiterin der Evangelischen Erwachsenenbildung Mainz, gleich zu Beginn der Lesung „Bibel und Literatur – Vom diesseitigen und jenseitigen Paradiese“ in der Johanniskirche. Schauspieler Henner Momann präsentierte Texte dazu.

Denn genau dieser Sehnsucht sollte die Veranstaltung nachforschen. Und wie das geht, hatte noch vor Manns Hinführung zum Thema Momann, Schauspieler des Mainzer Staatstheaters, gezeigt. Mit „Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen“, Goethes Gedicht aus „Wilhelm Meisters Lehrjahre“, hatte der Schauspieler vom Staatstheater die literarische Suche nach dem Paradies eingeläutet.

Italien ist ein traditioneller Sehnsuchtsort der Deutschen. Auch Johann Wolfgang Goethe scheint dort sein irdisches Paradies gefunden zu haben. „Es heißt, er sei in Sizilien an Körper und Geist genesen“, sagte Isa Mann, die die Lesung gemeinsam mit der Stadtkirchenarbeit an St. Johannis organisiert hatt

Ursprünglich habe das Wort Paradies einfach nur einen „umschlossenen Garten“ bezeichnet, ergänzte Gregor Ziorkewicz, Pfarrer für Stadtkirchearbeit an St. Johannis. Daran erinnert unter anderem die Bezeichnung „Garten Eden“ für das Paradies, aus dem Adam und Eva vertrieben wurden. Doch die christliche Vorstellung vom Paradies steht nicht allein, wie Ziorkewicz erläuterte: „Es gibt eine Fülle von Paradiesbeschreibungen.“ Und oft wird es als Garten beschrieben – im Islam etwa, aber auch im Buddhismus.

Im Gegensatz zu diesen religiösen Paradiesvorstellungen zeichnet Hans Sachs mit seinem Schlaraffenland einen sehr irdischen Sehnsuchtsort, in dem Milch, Honig oder Wein in Flussbetten fließen. Es ist ein Land der Faulenzer, denen das Essen – fertig zubereitet – in den Mund fliegt. Ehrbare Menschen sind dort Sachs zufolge nicht willkommen.

Satirisch nähert sich auch Mark Twain in „Adams Tagebuch“ dem Paradiesgarten an. Sein Adam ist sogar im Garten Eden eine geplagte Kreatur, die, seit Gott das „neue Geschöpf“ mitbrachte, keine ruhige Minute mehr hat. „Ich wünschte, es bliebe bei den übrigen Tieren“, vertraut Adam seinem Tagebuch an. Doch dieser Wunsch geht nicht in Erfüllung, das „neue Geschöpf“ – üblicherweise Eva genannt – sucht unerbittlich seine Nähe. Darüber hinaus hat es ein flinkes Mundwerk: „Das neue Geschöpf, tauft alles, was uns in die Quere kommt.“ Auf die schönen Namen, die sich Adam ausgedacht hat, wird zu dessen Verdruss keine Rücksicht genommen. Bei Twain ist das Paradies auch nicht mehr das, was es mal war – zumindest für Adam.

Eine dunklere Form von Humor zeigt Michail Bulgakow in „Die Treppe zum Paradies“: Sein paradiesischer Ort ist kein Garten mehr, sondern eine Bibliothek. Die ist aber wie der Garten Eden nach der Vertreibung für Menschen unerreichbar. Nur eine einzige vereiste Treppe führt zum Eingang. Doch diese erweist sich, was einige Mutige schmerzhaft zu spüren bekommen, als unpassierbar. Das Bildungsparadies bleibt den Menschen verschlossen.

Den Abschluss der Lesung bildete noch einmal ein Sehnsuchtsbild nach dem kommenden Paradies – die Vision des himmlischen Jerusalems aus der Offenbarung des Johannes. Ein letztes Mal ließ Henner Momann ausdrucksstark und lebhaft das Bild eines Ortes erstehen, an dem die Menschen wieder mit Gott vereint sind. Dann war das Publikum – nach einem kleinen Umtrunk – zwar nicht ins Paradies, aber in einen lauen Maiabend entlassen.

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