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„Verantwortung für Kinder und Familien“

Juliane DielVertreter aus den Gemeinden mit den OB-Kandidat*innen vor der Krippe der evangelischen KiTa in Hechtsheim. (Es fehlt Martin Malcherek, der ebenfalls bei dem Gespräch anwesend war.)

Einen Einblick in die Arbeit der evangelischen Kitas haben die Kandidierenden zur Oberbürgermeister*in-Wahl in Hechtsheim bekommen. Die dortige evangelische Kita zeigte exemplarisch, was die evangelischen Gemeinden im Bereich der frühkindlichen Bildung leisten. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die Umsetzung des neuen Kita-Gesetzes und die schwierige Refinanzierung der freien Träger.

Manuela Matz, Mareike von Jungenfeld, Nino Haase, Christian Viering und Martin Malcherek waren der Einladung des Dekanats Mainz nach Hechtsheim gefolgt.

In Mainz gib es zwölf evangelische Kindertagesstätten. Somit ist die Evangelische Kirche - neben der katholischen - der größte freie Träger von Kitas in der Landeshauptstadt. „Die Kindertagesstätten liegen der evangelischen Kirche sehr am Herzen. Mit unseren Kitas übernehmen die Kirchengemeinden ein hohes Maß an Verantwortung für Kinder und Familien“, erklärt Dr. Stefan Volkmann, stellvertretender Dekan und für das Ressort Kitas im Evangelischen Dekanat Mainz verantwortlich,  den Kandidierenden, „Zudem gewährleisten wir die gesetzlich verankerte Trägervielfalt im Kita-Bereich. Diese ist wichtig, um den Familien ein breit gefächertes Angebot zu bieten.“ Rund zwei Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln investiert die Evangelische Kirche jedes Jahr in die Mainzer Kitas. Die Verwaltungsarbeit, die meist ehrenamtlich in die Gemeinden oder von den Pfarrern wahrgenommen wird, ist dabei nicht eingerechnet.

Selbstfinanzierte Krippengruppen stellen Kirchengemeinden vor finanzielle Herausforderungen

Besonders aufmerksam gemacht wurden die Kandidierenden zur Mainzer Oberbürgermeister*in-Wahl auf die finanzielle Belastung von vier Kirchengemeinden durch „selbstfinanzierte Krippengruppen“. In Hechtsheim, auf dem Lerchenberg, in der Luthergemeinde in der Oberstadt und in der Christuskirchengemeinde in der Neustadt wurden diese in den evangelischen Kitas eingerichtet, um die Stadt bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Betreuung aller Kinder ab einem Jahr zu unterstützen. „Die ersten drei Lebensjahre legen die Grundlagen für sämtliche Bildungs- und Entwicklungsprozesse. Die Aufnahme von so kleinen Kindern ist eine sehr große Herausforderung und Verantwortung für die Träger und die Erzieher*innen. Dieser Verantwortung hat sich die evangelische Kirchengemeinde Mainz Hechtsheim 2014 mit dem Bau einer selbstfinanzierten Krippe gestellt“, erklärt Adrian Ladner, Pfarrer der Kirchengemeinde Mainz Hechtheim und Träger der KiTa. Die lange Warteliste zeige jedes Jahr, dass diese Plätze dringend benötigt würden und für den Stadtteil Hechtsheim nicht ausreichten.

Den Betrieb und vor allem die Erhaltung der Krippe muss die Kirchengemeinde - wie andere Mainzer Kirchengemeinden - zu nicht unerheblichen Teilen aus Eigenmitteln stemmen. Jährlich fallen für die Kirchengemeinden circa 21.000 Euro an. Bis zum neuen KiTa-Gesetz im Juli 2021 gab es für jede selbstfinanziert Krippengruppe im Mainzer-Dekanat einen sogenannten „Mainzer-Bonus“ von jährlich 5.000 Euro. Dieser wurden den Kirchengemeinden von Seiten der Stadt zugesagt wurde, als sie sich der Frage stellten, eine Krippe zu bauen und zu betreiben. Mit dem neuen KiTa-Gesetz wurde dieser gestrichen. Gerade ist die Stadt dabei, eine Ersatzlösung für zur Refinanzierung dieses Betrages zu erarbeiten. „5.000 Euro pro Jahr klingen zwar wenig im Vergleich zu den Biontech-Einnahmen, aber sie bildeten für die Kirchengemeinde einen hohen und wichtigen Betrag, um die Krippe verlässlich weiter betreiben zu können“, beschreibt Ladner den Kandidierenden die Situation.

Insgesamt war die Refinanzierung der Kitas und Krippen ein wichtiges Thema des Treffens, denn die Kosten zum Betreiben einer Kita sind in Rheinland-Pfalz für die freien Träger deutlich höher als beispielsweise in Hessen. Dies liegt zum einen am rheinland-pfälzischen Grundkonflikt über die Refinanzierung der kommunalen Ebene durch das Land - zum anderen aber auch daran, dass es auch nach über einem Jahr immer noch keine landesweite Rahmenvereinbarung über die Refinanzierung aller freien Träger gibt, die das neue Gesetz vorsieht. Auch sind die Ansprüche an die Ausstattung der Kitas in den vergangenen Jahrzehnten permanent gestiegen. Durch das neue KiTA-Gesetz sind Auflagen dazu gekommen, die vielerorts einen Umbau erfordern. Daher ist insbesondere die Unterhaltung der Gebäude ist eine besondere Belastung für die Kirchengemeinden. „Die KiTas sind uns als evangelische Kirche sehr wichtig, doch angesichts der steigenden Belastungen, denen weniger Kirchenmitglieder und weniger Kirchensteuereinnahmen gegenüberstehen, sind sie finanziell kaum noch tragbar für die Gemeinden.“, erklärt Volkmann.

Mareike von Jugenfeld, Kandidatin der SPD, sieht es als „starkes Signal“, dass die Stadt bereits die Personalkosten der freien Träger übernimmt. Sie würde es sehr bedauern, wenn sich die evangelische Kirche aus der Trägerlandschaft zurückzieht. Zugleich betonte sie, dass die Stadt einspringe und die Trägerschaft der KiTAs übernehme, sollte die evangelischen Gemeinden diese nicht mehr finanzieren können.

Starke Kritik übte Nino Hasse, freier Kandidat, an dem neuen KiTA-Gesetz. Es sei von der Landesregierung verabschiedet worden und nun sei es an den Kommunen und Trägern, die Vorgaben umzusetzen, ohne dass es dafür ein Konzept oder eine gesicherte Finanzierung gäbe. „Wir brauchen die Vielfalt in der Trägerlandschaft, denn nur so gewährleisten wir den Familien die Selbstbestimmung, in welchem Konzept sie ihr Kind betreut haben möchten.“, ist sein Credo. Die finanzielle Ausstattung der KITAs sei in Rheinland-Pfalz schon sehr schlecht, aber in Mainz eine Katastrophe. Dies müsse sich definitiv ändern.

Dieser Kritik schloss sich auch Manuela Matz, Kandidatin der CDU, an. „Mit dem neuen KiTa-Gesetz wurde eine höchst brisante Situation geschaffen, die in der Praxis hinten und vorne nicht funktioniert! Man muss den freien Trägern ordentlich unter die Arme greifen, denn wenn dies gezwungen sind, die KiTas aufzugeben und es keine Vielfalt mehr gibt, ist es für die Landeshauptstadt ein Armutszeugnis.“ Aus ihrer Sicht als Wirtschaftsdezernentin sei es eine Schlüsselfrage für den wirtschaftlichen Erfolg der Stadt, dass die Betreuung der Kinder gewährleistet ist, damit Eltern ihrer Erwerbsarbeit nachgehen können. Die evangelischen KiTas würden dazu einen wichtigen Teil beitragen.

Eine verlässliche Zusammenarbeit mit den freien Trägern wünscht sich auch Christian Viering, Kandidat der Grünen. Er möchte sich gerne zu einem offenen und ehrlichen Gespräch zusammensetzen und klären, welche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, damit die Träger eine gute Arbeit leisten können.

Martin Malcherek, Kandidat der Linken, sieht es unabdingbar, dass es freie Träger gibt, die der Stadt helfen, den Versorgungsauftrag im Kita-Bereich zu gewährleisten. „Wo ein Versorgungsauftrag ist, muss dieser auch finanziert werden“, erklärte er. Jedoch dürfe bei einer Finanzierung der evangelischen KiTas rein durch die Kommune, die Kirchenmitgliedschaft kein Kriterium mehr für die Vergabe der KiTa-Plätze sein.

Zusatzinfos Evangelische KiTas in Mainz

Rund 170 Erzieher*innen bieten vielfältige pädagogische Angebote für mehr als 850 Mainzer Kinder im Alter von 0 bis 12 Jahren. Zusätzlich kümmern sich mehr als 50 Hauswirtschaftskräfte und andere Mitarbeitende um das leibliche Wohl, Sauberkeit und reibungslose Abläufe. Geprägt ist die Arbeit von einem christlichen Menschenbild, das die Kinder in den Mittelpunkt stellt. Alle Kinder werden aufgenommen - gleich welcher sozialen Herkunft, Religion, Sprache und Kultur. Unterschiedlichste Formen des Glaubens fließen in den pädagogischen Alltag mit ein und helfen den Kindern, mit Grundfragen des Lebens umzugehen. Dabei sind die evangelischen Kindertagesstätten eingebunden in den Sozialraum und stehen im Dialog und in Kooperation mit verschiedenen Einrichtungen des sozialen Lebens, zum Beispiel mit Schulen und Beratungsstellen. Zugleich sind sie vielerorts Ausbildungsstätten und bieten eine qualifizierte pädagogische Berufsausbildung an.

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